Herausforderungen der Feldforschung - wie lassen sich die Schwarzenspitzen-Riffhaie zur Mitarbeit motivieren

5. August, 2022

Finding The Bite

von Gibbs Kuguru

Sie wollen einfach nicht anbeißen!

Es spielte keine Rolle, was wir änderten: Köderart, Tageszeit oder der Ort. Die Schwarzspitzen-Riffhaie waren einfach nicht interessiert. Als ich merkte, wie sich diese Haie ständig wegwendeten, verlor ich den Mut. Es fühlte sich an, als ob "la mar" mir seine Gunst vorenthalten wollte. Das war auch deshalb problematisch, weil ich ohne Haiproben keine Daten für meine Doktorarbeit haben würde.

Aber warum beißen die Haie nicht an?

Wie sich herausstellte, verfügen diese Haie über die soziale Eigenschaft, bzgl. der Bedrohungen in ihrem Umfeld hinzuzulernen. Sie geben dieses Wissen weiter und vermeiden gemeinsam die Gefahr (Mourier et al. 2012). Ihr starkes Gemeinschaftsgefühl verleiht ihnen Stärke in der Gruppe, da ihre individuelle Körpergröße im Vergleich zu anderen Raubfischen dieser Region eher gering ist. Das genaue und belegte Verfahren, wie diese Kommunikation erfolgt, ist nicht bekannt. Diese Erkenntnis war zwar furchtbar aufregend, ließ mich aber dennoch völlig ohne Proben zurück. «Allein», auf einer abgelegenen Insel im Norden des Baa-Atolls hatte ich Zeit, mir meinen nächsten Schritt zu überlegen. Ich brauchte Hilfe... Also rief ich meinen großartigen Freund und Master Waterman, Walker Nambu, an.

Wassermann Walker Nambu aus den USA

Vor Jahren haben Walker und ich gemeinsam an meiner Erforschung von Hammerhaien in Südafrika gearbeitet. Seitdem hat er die Region gewechselt und leitet nun seine eigene Forschung im Bimini Shark Lab auf den Bahamas. Walkers praktische Erfahrung stellt meine in den Schatten. Und als es Zeit war, um Rat zu fragen, wusste ich, dass es nur eine Person dafür gab. Walker und ich sprachen ausführlich über die von mir angewandten Methoden und die Reaktion der Haie. Aber es stimmte noch immer nicht! Nach vielen Diskussionen entwickelten wir einen Angriffsplan. Dabei kamen zwei verschiedene Techniken zum Einsatz: (1) eine aktivere Fangmethode und (2) eine völlig passive Methode. Walker beschloss außerdem, mir wieder einmal mit seiner Erfahrung bei meinen Forschungen zur Seite zu stehen.

Die ersten zwei Wochen hier auf den Malediven verliefen ruhig. Die vorgenommenen Änderungen hatten noch zu keinen Ergebnissen geführt, aber die Haie waren definitiv da... Wir wussten, dass es nur eine Frage der Zeit war. Wir nahmen immer wieder Anpassungen vor und fanden kaum Zeit für Pausen, da wir fast pausenlos Tage und Nächte auf dem Meer verbrachten.

Technik 1 – Der bewegliche Köder  

Die erste Technik, die wir anwandten, war ein sich schnell bewegender Köder, um den Jagdtrieb der Haie auszulösen, da sie dem stationären Köder gegenüber misstrauisch zu sein schienen. Sie folgten dem Köder, aber bissen nicht an. Und dann, während des April-Vollmonds bissen sie zum ersten Mal an. Offenbar war der Schlüssel zu unserem Erfolg ein himmlischer! Frühere Forschungen ergaben, dass Haie die Zeitpunkte der Mondphase bevorzugen, welche den stärksten Einfluss auf den Gezeitenzyklus haben (Papastamatiou et al. 2015)! Die Motivation des ersten «Fangs» liess uns mit Feuereifer die Probenentnahme beginnen.

Technik 2 – Das stationäre Netz

Schließlich füllte sich unsere Gewebeproben-Reihe und wir waren genügend zuversichtlich, um unsere zweite Technik auszuprobieren, eine passive Probenentnahme mit Hilfe eines stationären Netzes. Das Netz sollte unauffällig sein, um die Haie nicht zu alarmieren und so ihre Abwehrhaltung zu vermeiden. Das Ergebnis sprach für sich, wir konnten Haie in einer grösseren Anzahl sicher fangen! Mit Beginn des Neumonds hatten wir unsere gesetzte Anzahl der Probenentnahmen durch das mondphasenbedingte vermehrte Aufkommen von Haien übertroffen.

Haiforschung – Lesson learned

Meine rund 10-jährige Arbeit mit Haien in ihrer natürlichen Umgebung hat mich gelehrt, dass man garantiert jedes Mal etwas Neues über diese Tiere lernt. Die wichtigste Lektion, welche ich bei dieser Arbeit lernte, ist jedoch, dass Erfolge in der Wissenschaft (und im Leben) keine isolierten Ereignisse sind. Es bedarf der Unterstützung und der Kreativität vieler Einzelner und mit der notwendigen Zeit und etwas Glück geht alles auf. Vergleichbar mit dem Verhalten dieser Schwarzspitzen-Riffhaie liegt auch die Stärke bei unserer Forschung in der Menge. Alleingänge hingegen haben mich schnell ins Leere laufen lassen.

Dankeschön

Mein besonderer Dank gilt Walker, einem großartigen Freund, der mit seinem beherzten Einsatz meine Haiforschung wieder auf die Beine stellte. Einen besseren «Waterman» gibt es nicht. Mein Dank gilt auch Sharkproject, welches Walker und mich unterstützte sowie meinen Kollegen von Kihaa Maldives und Ocean Dimensions, die uns die nötige Rückendeckung für die erfolgreiche Feldforschung gaben! Ohne sie alle hätte ich das nicht geschafft!

 

Habt ihr weitere Fragen zu diesem Projekt? Dann meldet euch direkt bei der Projektleiterin Anke Apelt (a.apelt@sharkprojectorg).

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