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Schluss mit Bodenschleppnetzen und massivem Beifang, mehr Kontrollen beim industriellen Fischfang

Höchste Zeit für eine Fischerei-Wende

Es ist ein Kampf gegen eine weltweit mächtige und rücksichtslose Fischereiindustrie: Sharkproject stemmt sich im Schulterschluss mit anderen NGOs dem Raubbau im Meer entgegen: „Wir finden uns nicht damit ab, dass schwimmende Fischfabriken die Meere leer fischen und dabei Millionen Seevögel, Haie, Schildkröten, Wale oder Delfine sinnlos als Beifang verenden lassen“, sagt die Leiterin von International Cooperation bei Sharkproject, Dr. Iris Ziegler.

Nur eine grundlegende Wende bei der Fischerei kann noch retten, was zu retten ist. Dafür setzt sich Sharkproject in der EU und den internationalen und nationalen Fischerei-Managementbehörden ein. „Gemeinsam sind wir stärker“, so Ziegler. Deshalb arbeitet Sharkproject auch hier weltweit in engem Schulterschluss mit vielen anderen Meeresschutz-NGOs zusammen und beteiligt sich an Koalitionen zur Reformation der Fischerei:

Fangquoten und Schutzbestimmungen auf dem Papier gibt es schon lange. Aber bisher sind sie in der Praxis nur wenig wirksam. Es fehlen wirksame Kontrollen und ein transparentes System, das offenlegt, wie viel tatsächlich gefischt wird und wie viele Tiere als Beifang enden. „Mindestens auf jeder fünften Fangfahrt muss ein Beobachter an Bord sein“ so Ziegler. Bisher ist das oft nur auf jeder 20. Fangfahrt der Fall. “Zusätzlich müssen auf allen Fangschiffen elektronische Überwachungssysteme existieren, die lückenlos festhalten, wo, was und wieviel von welcher Art am Ende gefangen oder wieder freigelassen wird“ fordert Ziegler. „Wenn keiner weiß, was wirklich auf den Fangschiffen passiert, werden wir den Raubbau an unseren Meeren nie in den Griff bekommen. Das geht uns alle an. Denn das Überleben der Meere sichert auch das Überleben der Menschen.“

Hierfür braucht es grundlegende Verbesserungen. Dabei geht es auch um den Schutz der Lebensräume am Meeresboden. Denn Fangmethoden, wie die Schleppnetzfischerei fischen nicht nur Gebiete leer. Auch ganze Lebensräume werden auf Dauer zerstört und das selbst in den besonders empfindlichen Lebensräumen der Tiefsee. Bedrohte Haiarten müssen durch Fangverbote und große zusammenhängende Schutzgebiete geschützt werden. Ziegler: „In allen Meeren gibt es „Hotspots“ an denen Großfische und Wale sich treffen, sich paaren, ihren Nachwuchs großziehen. Diese Gebiete müssen für die Fischerei und den Schiffsverkehr zukünftig tabu sein.“

Die EU will jetzt im Rahmen ihrer Strategie zur Artenvielfalt 2030 einen Aktionsplan für den Erhalt der Fischbestände und zum Schutz des Ökosystems Meer (Action Plan to Conserve Fishery Ressources and Marine Ecosystems) erstellen. Sharkproject engagiert sich aktiv in diesem Prozess mit seinen Forderungen für ein für das gesamte Ökosystem verträgliche, ganzheitlich nachhaltige Fischereireform.

Sharkproject hat daher Leitlinien für eine grundlegende Fischereiwende vorgelegt. Tiefseefischerei und Bodenschleppnetzen müssen verboten werden. Die Langleinenfischerei muss drastisch eingeschränkt werden. Und mindestens 30 Prozent der gesamten Meeresfläche müssen vollständig unter Schutz gestellt werden, so dass dort jede Art von Fischerei oder anderer Beeinträchtigung des Lebens im Meer verboten ist.
„Wir wissen, was zu tun ist. Noch können wir viele Arten vor dem Aussterben retten und das Ökosystem Meer erhalten. Aber jetzt muss schnell und grundlegend gehandelt werden. Eine industrielle Massenfischerei wie in den vergangenen 50 Jahren können wir uns alle nicht mehr leisten“, sagt Ziegler.

Ziele

Sharkproject setzt sich für eine grundlegende Fischerei-Wende ein.

  • Nachhaltige Fischerei, die den Schutz des gesamten Ökosystems und ein dauerhaftes Erholen der Fischbestände ermöglicht. Erholung überfischter Fischbestände sicherstellen, durch richtige Wahl der Fangquote.
  • Besonders schädliche Fangmethoden wie Bodenschleppnetze und Tiefseefischerei müssen komplett verboten werden.
  • Langleinenfischerei muss drastisch eingeschränkt werden.
  • Die Ringwadenfischerei mit „Fischsammlern“ muss deutlich reduziert und besser überwacht werden. Verlorengegangene „Fischsammler“ müssen geborgen werden. Die Eigentümer der „Fischsammler“ müssen verpflichtet werden für die Bergungskosten aufzukommen.
  • Walhaie und Wale müssen zwingend vor dem Einkesseln mit Ringwadennetzen geschützt werden.
  • Fangmethoden müssen so verbessert und eingesetzt werden, dass tatsächlich nur die Fische „im Netz landen“, die auf tatsächlich nachhaltig gefangen werden können.
  • Ungewollter Beifang muss lückenlos dokumentiert und möglichst vermieden werden. Langzeitziel sollte eine Beifangquote von null sein.
  • Zusammenhängende und streng geschützte Meeresschutzgebiete müssen bis 2030 auf 30 Prozent der Ozeane, also auf fast ein Drittel der gesamten Meeresfläche ausgedehnt werden.
  • Drastische Verbesserung der Überwachung und Kontrollen: Bisher ist – wenn überhaupt – nur auf jedem 20. Schiff ein Beobachter an Bord. Künftig muss auf jedem 5. Schiff einer mitfahren. Zusätzlich müssen elektronische Überwachungssysteme hinzukommen.

Links

7 Punkte zum Schutz der Meere Sieben-Punkte Plan Pressemitteilung zum Sieben-Punkte Plan

Positionspapier zur Fischerreireform

Pressekonferenz auf dem IUCN Kongress in Marseilles https://www.sharkproject.org/presse/archiv-2021/

Report Mainz berichtet über «Qualfang in der Nordsee» Dabei kommentiert Sharkproject die Auswirkungen der Schleppnetzfischerei. Noch bis Dez 2022 in der ARD Mediathek unter:  https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/report-mainz/videosextern/qualfang-in-der-nordsee-102.html

Unser Blogbeitrag zu Qualfang in der Nordseehttps://www.sharkproject.org/blog/qualfang-in-der-nordsee/

Besonders schädliche Fangmethoden

  • Langleinenfischerei: An bis zu 200 km langen Leinen mit zigtausenden von Haken wird vor allem nach Thunfisch und Schwertfisch gefischt. Aber Hunderttausende von Haien, viele Schildkröten und unzählige Seevögel sterben sinnlos als ungewollter oder im Fall der Haie oftmals gern gesehener oder sogar gezielter Beifang.
  • Bodenschleppnetze erfassen alles, was sich am Meeresgrund bewegt. Von etwa 10 Tonnen Fang im Schleppnetz ist oft nur eine Tonne für den menschlichen Verzehr bestimmt, 9 Tonnen and Meeresbewohnern verenden sinnlos als Beifang und fehlen im Ökosystem der Ozeane. Auch die Lebensräume am Boden werden durch Bodenschleppnetze unwiederbringlich zerstört. Dennoch sind Bodenschleppnetze selbst in Meeresschutzgebieten noch immer erlaubt. Im deutschen Wattenmeer, einem UNESCO-Weltnaturerbe, etwa werden Krabben mit sogenannten Baumkurren gefischt. Bodenschleppnetzfischerei macht über ein Drittel der gesamten Fangfischmenge der EU und fast 40% des Einkommens der EU Fangflotte aus.
  • Ringwadenfischerei: Umhertreibenden „Fischsammler“, die auch als „Lockbojen“ oder „drifiting FADs“ bezeichnet werden, suggerieren Fischen im offenen Meer Schutz. Daher sammeln sich dort vor allem Jungfische. Die Fischsammler können über Satellitenbojen von den Fangschiffen direkt angesteuert werden und dann werden riesige Ringwadennetze um den Fischsammler herumgezogen. Alles, was sich unter dem Fischsammler befunden hat, wird an Bord geholt. Darunter sind vor allem noch nicht geschlechtsreife Seidenhaie und Weißspitzenhochseehaie, aber auch andere Haiarten, Rochen, Mantas, Meeresschildkröten und Meeressäuger, von denen viele bereits heute bedroht sind. Sharkproject fordert eine drastische Reduzierung der Anzahl solcher Fangsysteme. Sharkproject setzt sich dafür ein, dass diese Fangsysteme künftig biologisch abbaubar sind und lebenslang keine Gefahr besteht, dass sich andere Tiere darin verfangen können. Der Beifang von Junghaien und anderen Arten muss vermieden werden, durch Vermeidung der sogenannten Hotspots für diese Haie und durch technische Maßnahmen zur Überprüfung der Fangzusammensetzung vor dem Einkesseln mit den Ringwadennetzen. Zudem müssen technische Maßnahmen zur Beschleunigung des Freilassens und Verbesserung der Überlebenschancen für diesen Haibeifang eingeführt werden.
  • Tiefseefischerei: Dabei wird in Tiefen unterhalb von 400 bis hinab auf 1000 Meter oder noch tiefer entweder mit Bodenschleppnetzen oder Langleinen gefischt. Die dort lebenden Tierarten sind meist besonders langlebig und besonders empfindlich gegen Überfischung. Viele von ihnen sind kaum erforscht und eine Erholung überfischter Arten oder durch die Fangmethoden zerstörter Lebensraum kann viele hunderte oder sogar tausende von Jahren in Anspruch nehmen.

Dokumente und Stellungnahmen

Juristische Stellungnahme: "Untangling the Net of ‘Bycatch’ in Commercial Shark Fisheries:The Interplay between International Fisheries Law and CITES"

Zusammenfassung

Der Schwerpunkt dieser Stellungnahme liegt auf Haiarten, deren Fang und Anlandung für die Fischerei von erheblichem kommerziellen Wert sind (kommerziell genutzte Haie), und es wird argumentiert, dass kommerziell genutzte Haiarten, insbesondere wenn sie im CITES-Anhang II aufgeführt sind, rechtlich als (sekundäre) Zielarten und nicht als Nichtzielarten im Sinne des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (UNCLOS) eingestuft werden sollten.
Daraus folgt, dass die t-RFMOs dafür verantwortlich sind, die Populationen der in CITES aufgelisteten, kommerziell genutzten Haie im Rahmen ihrer Regelungskompetenz durch vorsorgliche, wissenschaftlich fundierte und wirksame Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen zu bewirtschaften.
Dies gilt insbesondere für Blauhaie, aber auch für Kurzflossen-Makohaie und alle anderen kommerziell genutzten Haie.

Kurzfassungen der Juristischen Stellungnahme

Kampagnen & Projekte

Sharkproject als akkreditierter Beobachter bei den Regional Fishery Management Organisation

Rückhalteverbot für Mako

Etappensieg für den Schutz der Makohaie im Nordatlantik.

MSC – Make Stewardship Count

Das bekannteste Ökolabel für nachhaltige Fischerei hält nicht, was es verspricht. Aufforderung an den Marine Stewardship Council (MSC), die Verordnungen einzuhalten