Karlsruhe trauert um Kalli

13. Mai, 2022

Schwarzspitzen-Riffhaie in Aquarien

Haie in Gefangenschaft: zwei tote Schwarzspitzen-Riffhaie in Aquarien binnen nur drei Monaten. Erst München Tierpark Hellabrunn und nun Karlsruhe Naturkundemuseum. Sharkproject fordert in seinen Aquarienrichtlinien unter anderem keine Nachbesetzung verstorbener Tiere. Auch wünscht sich die NGO für den Schutz der Haie, eine grundsätzliche, technische Modernisierung der Aquarien und Zoos durch virtuelle Simulationen. So bleiben Meerestiere frei im Meer und Besucher lernen über die Tiere in einer virtuellen 3D-Welt, wie sie artgerecht leben.

Schwarzspitzen-Riffhaie in Aquarien
Karlsruhe trauert um Kalli

Im Karlsruher Naturkundemuseum ereignete sich am 27. April vor den Augen der Besucher ein dramatisches Unglück. Kalli war der Name des Schwarzspitzen-Riffhaies, der seinen Lebensabend im Naturkundemuseum verbringen sollte. Sechs Jahre zuvor wurde er dem Karlsruher Museum aus Privatbesitz übergeben. Damals schwamm Kalli mit Schlagseite, da dem noch nicht ausgewachsenen Hai sein bisheriges Bassin viel zu klein geworden war. 

Kalli und seine Artgenossin Karla jagen sich gerade durch das 240.000 Liter Becken, als Kalli plötzlich im Korallenriff stecken bleibt. Ein Besucher schlägt Alarm und ein Taucher befreit das sichtlich lädierte Tier. „Er ist nur noch torkelnd geschwommen”, berichtet Hannes Kirchhauser, der Chef des Vivariums. Der Hai wurde aus dem Becken geborgen und mit sauerstoffhaltigem Wasser versorgt. Den nächsten Morgen erlebt Kalli nicht. Das Team ist über den Verlust des prominentesten Bewohners des Museums bestürzt. Der Tod trifft sie persönlich. Die konkrete Todesursache ist noch unklar. Klar ist, dass so tragische Unfälle, wie hier bei Hai Kalli (26 Jahre) auch in der Natur vorkommen können.

Von Karlsruhe nach München. Bereits im Februar 2022 starb im Münchener Tierpark Hellabrunn der zweite Schwarzspitzen-Riffhai (20 Jahre). Besonders auffallend war die deformierte Körperhaltung des Tiers, welche mit veränderten Schwimmbewegungen einherging. Die Haifisch-Dame wurde nach tiermedizinischer Behandlung eingeschläfert. Sie lebte seit 2004 in einem 100.000 Liter fassenden Becken. Damals noch mit einem Schwarzspitzen-Riffhai-Männchen. Das Männchen verstarb bereits 2019 im Aquarium. Quelle

Dieser und auch der Unfalltod von Kalli werfen nun wichtige Fragen auf: Wäre der Tod vermeidbar gewesen? War das Becken für zwei Haie groß genug? Was bedeutet artgerechte Haltung für Haie? Und können Aquarien dieser wirklich gerecht werden? 

Die Beurteilung dieser Fragen ist sehr schwierig. Prinzipiell steht Sharkproject Hai-Aquarien sehr kritisch gegenüber. Eine artgerechte Haltung großer Tiere, wie dem Hai, ist nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Sharkproject fordert daher unter anderem, dass lediglich einige Haiarten, deren Nachzuchten oder Übernahmen aus anderen Aquarien, sofern es die Lebensbedingungen verbessert, in Aquarien zu halten seien (siehe auch Aquarienrichtlinie von Sharkproject). 

Angesichts der über 200 Millionen Haitötungen jährlich, erfüllen die Aquarien eine Aufgabe: Sie schaffen Verständnis und Empathie, denn nur was wir kennen, werden wir lieben und schützen. Doch diese Aufgabe muss möglichst artgerecht nachgekommen werden. Dafür setzen wir uns ein. 

Immer noch ist über die Lebensweise der Haie viel zu wenig bekannt, um vollständig nachvollziehen zu können, wie diese majestätischen Tiere, die nicht zuletzt unabdingbar für die Gesundheit der gesamten Ozeane sind, wirklich artgerecht gehalten werden kann. Wir hoffen sehr, dass sowohl in München als auch in Karlsruhe keine Nachbesetzung der Tiere erfolgt. 

Sondern empfehlen wir vielmehr allen Aquarien ihre Zuschauer zu Tauchern auf trockenem Fuß werden zu lassen: indem sie modernste Technik für die Unterwasserwelt nutzen. Virtuelle Simulationen eines Aquariums bieten Besuchern so die schönste und tierfreundlichste Gelegenheit, großartige Meerestiere wie Haie in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten, so wie sie wirklich sind. Und nicht, wie sich diese eleganten Räuber in Gefangenschaft in Ermangelung der natürlichen Möglichkeiten zwangsweise verhalten müssen. 

Schwarzspitzen-Riffhaie sind weltweit vom Aussterben bedroht und werden in großer Zahl in der Fischerei gezielt oder als Beifang gefangen, auch für die Haltung in Aquarien. Deshalb müssen auch Naturkundemuseum und auch GEO-Zoos ihr Konzept zeitnah überarbeiten.

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